Studieren an einer Hochschule ist ohne digitale Studienorganisation kaum noch denkbar und gerade im Zusammenhang mit dem Lernen entstehen vielerlei Daten, die in unterschiedlichen technischen Systemen vorliegen. Eine computergestütze Analyse dieser Daten verspricht, Muster zu erkennen, wie Studierende lernen, ihr Studium navigieren, welche Tatsachen den Abschluss eines Studiums begünstigen oder nicht und wie man Studierende gezielt dabei unterstützen kann, ihr Studium erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Dieses als Learning Analytics bezeichnetet Verfahren birgt jedoch erhebliche datenschutzrechtliche Risiken. Im Auftrag des am Zentrum für Wissenschaftsdidaktik der Ruhr-Universität Bochum angesiedelten Projekts KI:edu.nrw haben wir eine Studie erarbeitet, ob und wie Learning Analystics an Hochschulen in NRW eingesetzt werden kann.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Die Entwicklung und der Einsatz von Learning Analytics lassen sich (funktionsabhängig) mehreren Aufgaben der Hochschulen nach dem Hochschulgesetz NRW zuordnen.
- Hochschulen in NRW können insoweit die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von Learning Analytics auf Basis konkreter Einwilligungen der Studierenden legitimieren. Hier gelten jedoch hohe Anforderungen an Transparenz und Freiwilligkeit.
- Es ist nicht möglich, den Einsatz von Learning Analytics auf die datenschutzrechtlichen Generalklauseln nach dem Datenschutzgesetz NRW zu stützen – dies auch nicht in Verbindung mit den Aufgabenzuweisungen nach dem Hochschulrecht. Die Normen sind zum einen zu unbestimmt. Zum anderen ist die mit Learning Analytics einhergehende Verarbeitungsintensität (zum Beispiel Datenzusammenführung, Profilbildung, Eingriff in Freiheit der Lehre, potenzieller Eingriff in Freiheit des Studiums) zu groß, um sie auf Generalklauseln stützen zu können.
- Allerdings ermöglichen die Aufgabenzuweisungen Verarbeitungen zu Zwecken von Learning Analytics im Rahmen der Hochschulautonomie durch eine entsprechende Satzung normklar und bestimmt auf eine Art und Weise zu regeln, die die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen (in der Regel Studierende und Lehrende) ausreichend schützt.
- Eine solche Satzung kann die für Learning Analytics-Verfahren notwendigen Datenverarbeitungsvorgänge legitimieren, indem darin zum einen die Zwecke der Verarbeitung und zu verarbeitenden Daten(kategorien) bestimmt werden und zum anderen spezifische Grenzen und Schutzmaßnahmen der Verarbeitung festgelegt werden. Eine normklare und bestimmte Regelung durch Satzung kann insbesondere im Sinne des Schutzes der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen wirken, da diese im Rahmen des Verfahrens der hochschulischen Selbstverwaltung an der Rechtsetzung beteiligt wären. Außerdem erlaubt die Satzung eine verlässliche und transparente Regelung, die durch Zustimmungs- und Widerspruchslösungen auch Einzelinteressen wahren kann.
- Der Legislative wird empfohlen, das Hochschulgesetz NRW dahingehend zu ergänzen, dass Learning Analytics zu bestimmten Zwecken gestattet und Grenzen der Nutzung bestimmt werden. Einzelheiten können dem Satzungsrecht der Hochschulen als Regelungsauftrag überlassen werden.
- Die Studie enthält in den Anhängen Formulierungsbeispiele für ein Einwilligungsformular und eine entsprechende Hochschulsatzung.
Die Studie ist hier abrufbar:
Christian L. Geminn, Paul C. Johannes, Maxi Nebel, Tamer Bile: Datenschutzrechtliche Beurteilung von Learning Analytics an Hochschulen in NRW, Februar 2023, https://doi.org/10.13154/294-9657.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Jonas Leschke, Christopher Lentzsch und Dr. Kai-Uwe Loser von der Ruhr-Universität Bochum für das in uns gesetzte Vertrauen und die freundliche und reibungslose Zusammenarbeit.